Auf die meisten dieser Fragen gibt es zwar einfache Antworten, wir mahnen aber zur Vorsicht: Wer gibt die Antworten und welche Interessen verfolgen diejenigen, die meinen, eine einfache Antwort zu haben?

Es ist an uns, selbst nachzudenken über das, was andere gesagt haben und sagen. Dann haben wir zu urteilen und kommen zu einem - vielleicht erst einmal vorläufigen - Ergebnis in Bezug auf das Verhältnis zu uns selbst, zu anderen Menschen und zur Welt – und zu etwas Tieferem und Umfassenden, das die Religionen mit Gott bezeichnen.

Wenn wir dann noch begreifen, dass Wissen und Erkenntnis nie absolut, sondern immer nur vorläufig sind, können wir mit anderen ins Gespräch kommen über Fragen, die unsere Existenz betreffen und uns selbst weiter entwickeln hin zu Menschen - und das ist jetzt bewusst fromm ausgedrückt -, wie Gott sie gemeint hat. Unverzichtbar ist dabei ein fortwährendes Nachdenken über das Leben des Jesus von Nazareth, der zentralen Gestalt des christlichen Glaubens.

Der Beitrag des Gymnasiums, insbesondere der des evangelischen Religionsunterrichts, besteht in der Konfrontation mit unterschiedlichen Positionen, im Nach-Denken von Glaubensauffassungen aus Geschichte und Gegenwart, in der gemeinsamen kritischen und selbstkritischen Reflexion, in der Begleitung beim Finden eigener Positionen und - bei aller Unterschiedlichkeit - in der gemeinsamen Freude am Menschsein.

Schließlich sei auch das noch gesagt: Es ist keineswegs gleichgültig, was wir glauben, denn unser Glaube hat nicht nur individuelle, sondern auch soziale, gesellschaftliche und zunehmend auch globale Dimensionen. Er hat Auswirkungen auf unser Tun und Lassen und ruft uns in die Verantwortung. "Mensch - wo bist du und was tust du?" (vgl. 1. Mo 3, 8-10)